ISABELLE AUS NÜRNBERG IST IN DEN BAYERISCHEN WALD GEZOGEN. OHNE EINEN DIALEKT AUFGEWACHSEN, FINDET SIE SICH MITTLERWEILE DENNOCH GUT IN IHRER NEUEN HEIMAT ZURECHT. EIN PAAR DINGE VERSTEHT SIE ABER NOCH IMMER NICHT.
In der ersten Ausgabe des Daheimvorteil hatte ich schon über meine Startschwierigkeiten mit der hiesigen Mundart berichtet. Nach beinahe eineinhalb Jahren im Landkreis Freyung-Grafenau frage ich nur noch selten nach einzelnen Worten. Und wenn, werde ich – vor allem von meinen netten Kollegen – liebevoll geneckt, bis sich schließlich jemand meiner erbarmt und mir verrät, worüber gesprochen wird. Bei einer Sache gibt es für mich aber nach wie vor Erklärungsbedarf: bei den Richtungsangaben.
Die Niederbayerischen Richtungsangaben
Man stelle sich eine gemütliche Wirtshaussituation am etwas späteren Abend vor: Alles redet, lacht und obwohl ich wohl eher in die Kategorie Dialekt-Legastheniker falle, sind Hopfen und Malz wohl doch nicht ganz verloren.
Zusammen mit drei niederbayerischen Freunden sitze ich an einem Tisch und stelle fest, dass ich kein Bargeld bei mir habe. Ich frage also nach der nächsten Bank. Matthias antwortet sogleich: „Du muasst de Stroß nur ai geh, dann kimmst direkt an oana vorbei.“ Die Antwort von Matthias verwirrt mich einigermaßen. „Ich soll in eine Straße ai gehen?“ Theresa mischt sich ein: „Er moant, du muasst de Stroß affe geh.“
Für mich ergibt sich aus der Erklärung von Theresa folgendes: Ai und affe bedeuten heraufgehen, ei heißt hineingehen, oi heißt hinuntergehen und weil Niederbayerisch wirklich höllisch schwer ist, heißt das hochdeutsche Ei in diesem wunderbaren Dialekt Oa und die Mehrzahl davon sind Oia. Da kennt sich doch kein Preuße mehr aus. Zumal diese Worte für mich sehr ähnlich, wenn nicht sogar gleich klingen. Als ich dies in der kleinen Runde erläutere, meint Matthias: „Quatsch, des klingt doch ned gleich. Do gibt‘s eindeutige Unterschiede.“
Die Herzlichkeit der Niederbayern
Matthias und Theresa verstricken sich nun in eine Diskussion um das ai und affe im Niederbayerischen, während ich schon wieder vergessen habe, wo die Bank ist. Anton zuckt nur mit den Schultern. „Ist eigentlich auch egal, was da jetzt richtiger ist. Hier muss man nur 20 Kilometer fahren und schon sprechen die Leute wieder einen anderen Dialekt. Aber bevor du jetzt zur Bank gehen musst, geht dein Bier auf mich.“
Um zum Punkt zu kommen: Vielleicht werde ich Niederbayerisch nie wirklich verstehen und mit diesen ganzen verschiedenen Dialekten sehe ich hier auch eher schwarz, aber die Herzlichkeit der Niederbayern, wie man bei Anton sehen kann, ist einfach hinreißend. Prost.